Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 223 · Januar 2012
Der Verlag:
Moritzberg Verlag
Unterstützer für die Webversion:
Bäckerei Krone
Anzeigenpreise für die Druckversion:
Anzeigenpreise

Ludwig Windthorst zum 200. Geburtstag

Am 11. Juni 2002 wurde vor der Berg-Apotheke das Ludwig-Windthorst-Denkmal eingeweiht. Der Zentrumspolitiker wäre am 17. Januar 2012 200 Jahre alt geworden. Sein Kopf mit der mächtigen Denkerstirn und dem breiten Mund prägten in Wort und Schrift die Geschicke in der Kirche und Politik des 19. Jahrhunderts. Windthorst pflegte über sich zu sagen, dass der Herrgott bei seiner Erschaffung in der Arbeit gestört worden sei und nur die Hände habe vollenden können. Sie waren neben seinem erwähnten Aussehen fein geformt.

Im Wahlkreis Meppen wird er 1867 in den Reichstag und Preußischen Landtag gewählt. 1871 steht er an der Spitze des Zentrums, einer katholischen Partei. Windthorst war jedoch ein Freund einer Partei auf breiter christlich-konservativer Grundlage. Daher nahm er auch Protestanten als Mitglieder auf. Dass es nicht zu der von ihm geplanten Entwicklung kam, daran war auch der von Reichskanzler Bismarck gegen die katholische Kirche geführte Kulturkampf schuld, der die Zentrumspartei zur Verteidigung der Kirche in der Opposition zwang.

Foto: Sabine Brand
Foto: Sabine Brand

In dem Kulturkampf hat der Politiker gegen Bismarck gekämpft. Überliefert ist der Ausspruch des Kanzlers: „Hass ist ein so großer Ansporn zum Leben wie Liebe: Mir sind unentbehrlich meine Frau und Windthorst“. Das sogenannte Maulkorbgesetz, das den Geistlichen die Bekanntgabe des Unfehlbarkeitsdogmas des Papstes von der Kanzel herab verbot, ein Priesterausweisungsgesetz, ein Brotkorbgesetz („Man hänge der katholischen Geistlichkeit den Brotkorb höher, dann werde sie sich schon beugen“) waren Beispiele der Bismarckschen Politik der Faust. Ludwig Windthorst, klein und untersetzt von Gestalt, dazu hochgradig kurzsichtig, verfügte über einen vorbildlichen Charakter und hervorragende geistige Fähigkeiten. Er setzte Bismarck die Idee des Rechtsstaates entgegen, das Prinzip, dass Recht und Moral auch im öffentlichen Leben gelten sollten. In der Karikatur saß er hier auf dem Schoß Bismarcks.

König Georg V. hatte den Juristen bereits 1851 vor der Zeit im Reichstag zum Justizminister in Hannover ernannt. Mit der Justizreform trennte Windthorst die Justiz von der Verwaltung, stellte die Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens her und setzte das Prinzip der Mündlichkeit in der Rechtsprechung durch. 1853 trat er zurück; wobei man ihn mit der Entlassung als „entschieden links“ Justizminister einstufte. Während seiner zweiten Amtszeit als Justizminister von 1862 bis 1865 setzte er sich für die allgemeine Kirchenfreiheit ein. Danach als Staatsminister a. D., auch mit „Exzellenz“ betitelt, begann als „Musterpreuße“ seine überregionale Tätigkeit.

Nach dem Tod von Papst Pius IX. suchte die Berliner Politik einen akzeptablen Weg für eine Verständigung mit Papst Leo XIII. Der Kirchenkampf sollte abgebaut werden. Arm in Arm mit dem Papst erschien Bismarck in der Karikatur. Windthorst jedoch lehnte alle Verhandlungen und Gespräche ab, solange nicht die Kulturkampfgesetze aufgehoben seien: „Nach Canossa gehen wir nicht“.

Als Kaiser Wilhelm I. 1888 stirbt, sind die vermeintlichen Gegensätze mit dem Papst aufgehoben. Mit der Entlassung Bismarcks am 20. März 1890 geht die Gründerzeit sowohl des Deutschen Reiches wie auch des politischen Katholizismus zu Ende. Der am 17. Januar 1812 geborene Windthorst stirbt am 14. März 1891. „Die Kirche hat einen ihrer größten Kämpfer verloren!“ schreibt Papst Leo XIII. in das Stammbuch der katholischen Kirche. Doch die Kirchengeschichte in Deutschland setzt sich unter anderem fort mit dem „roten Kaplan“ Franz Hitze in der Sozialgesetzgebung der Jahre 1883 bis 1889.

Manfred Glombik
© 2011 | Impressum | Kontakt