Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 223 · Januar 2012
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Moritzberg Verlag
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Gedichte eines Frontsoldaten

(sbr) Albert Wilhelm Hanne, Jahrgang 1905, war von 1934 bis 1944 Friedhofsgärtner von St. Mauritius. Von 1939 bis 44 musste seine Frau das Geschäft führen, denn er war als Soldat an der Ostfront unterwegs, die letzten Jahre als Sanitätsfeldwebel in der Division „Großdeutschland“. Hanne starb am 25. August 1944, 39-jährig, bei einem Tieffliegerangriff in Lettland. Er hat eine Fülle von Gedichten hinterlassen für seine Frau Elisabeth, seine beiden Söhne Albert Wilhelm und Siegfried und seine beiden Töchter Anneliese und Therese. Albert Wilhelm II, sein ältester Sohn, ist 1953 als 22-Jähriger nach Amerika ausgewandert. Mit seiner Schwester Anneliese hat er viele der Gedichte seines Vaters vor der Vernichtung gerettet. Mitte der neunziger Jahre hat er sie maschinenschriftlich erfasst und kürzlich aus Colorado zurück zum Moritzberg geschickt. Moritz vom Berge wird in loser Folge einige der Gedichte abdrucken.

In vielen Versen spricht Hanne durch die Blume, lässt seine Gedanken über die Welt und den Krieg auf Umwegen durchscheinen. Aus seinen weniger persönlichen Gedichten spricht eine feinfühlige Liebe zur Natur, die er im Krieg unter anderem in Russland beobachtet – hier die Rauheit und Härte der „alten Krieger“, dort die Zartheit und Zerbrechlichkeit der Glockenblumen, der Gänseblümchen, der Skabiose – und der Maus.






Die Maus im Bunker
Albert Wilhelm Hanne I

Wir gruben uns ein Deckungsloch
zum Schutz vor Bombensplittern,
spät abends vor dem Schlafen noch
und nach dem Pferdefüttern.

Doch blieb es ruhig in der Nacht.
Kein Flieger ließ sich sehen.
Doch in des Deckungsgrabens Schacht
sah man das Wasser stehen.

Es quoll aus feuchter Erd‘ heraus,
war langsam noch im Steigen.
Auf einem Erdkloss saß die Maus,
konnt nirgend mehr entweichen.

Sie war auf ihrem Nahrungsgang
ins tiefe Loch geglitten
und hatte wohl schon zitternd, bang
die Todesangst erlitten.

Ich hob mit einem Spaten dann
das kleine Tier heraus.
Es eilte froh zum grünen Tann,
zu seinem kleinen Haus.

Am Abend, als es Brotzeit ward‘,
nahm ich mein Brot heraus,
und sieh, es war schon angenagt
von meiner kleinen Maus.

So geht‘s im Leben häufig her,
hilft einem man aus Not,
dann dankt er nicht einmal dafür
und klaut dir noch das Brot!

geschrieben am 12.9.1942 bei Rschew
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