Entdeckungsreise mit einer alten Karte
Als „Moritz“ im Dezember 2010 (in einem Beitrag über Anton Gottsleben) einen Kartenausschnitt von Moritzberg um 1875 zeigte, war das Interesse groß. Sofort kamen Rückfragen zu den Straßennamen von damals. Vor Ablauf des „Jubeljahres“ 2011 (100 Jahre Eingemeindung von Moritzberg) geht „Moritz“ auf dieses Interesse ein: Ein größerer Ausschnitt der Karte von 1875 zeigt den gesamten „Flecken“ Moritzberg. Die Karte wird als „Urkataster“ bezeichnet, das Original zeigt ganz Hildesheim. Moritzberg, noch selbständig, liegt darauf im Westen des Baches, der von Süden her Trillke-Bach und von Osten kommend „Das alte Wasser (Blänke)“ genannt wird.
1875, zu Beginn der Industrialisierung, stand Moritzberg noch vor dem großen Bauboom, der die Häuser in rotem und gelbem Backstein mit sich brachte. Die alte Bebauung bestand vorwiegend aus Fachwerkhäusern. Die Königstraße und die Zierenbergstraße gab es noch nicht, schmale Wege zwischen den Gärten waren die Vorläufer von Godehardistraße, Moritzstraße und Maschstraße. Die Hauptstraße des Ortes hieß „Bergstraße“: Die „Untere Bergstraße“ entsprach der heutigen Dingworthstraße, die „Mittlere Bergstraße“ und die „Obere Bergstraße“ sind die heutige Bergstraße.

Die heutige Brauhausstraße trägt auf dem „Urkataster“ keinen Namen. Sie ist ein sehr alter Weg, der Moritzberg im Norden begrenzte und deshalb „Knickweg“ genannt wurde. Moritzberg wurde in früheren Jahrhunderten nicht durch eine Mauer geschützt, sondern durch einen „Knick“, eine dichte Hecke mit oft dornigem Gebüsch, das einen kleinen Schutzwall bildete.
„Brauhausstraße“ hieß 1875 eine andere alte Straße: die heutige Bennostraße, dort lag das Brauhaus des Stiftes. Erst nach Entstehung des „Urkatasters“ wurden die Brauereikeller im Krehlaberg gebaut und deshalb die Straßennamen geändert.
Auch der Lauf der Gewässer durch Moritzberg wurde mehrfach verändert. Der „Urkataster“ zeigt noch ein Reststück des alten Verlaufs von Blänkebach und Trillke nach ihrem Zusammenfluss. Den Königsteich gab es noch nicht. Blänke und Trillke machten zusammen einen weiten Bogen nach Westen – sie flossen bis ins heutige Katztor hinein und bogen dann erst nach Norden ab. In den 1860er Jahren grub man (auf Hildesheimer Initiative) ein neues Bachbett weiter östlich. Der Bogen von Blänke/Trillke wurde abgeflacht, aber ein kleines Reststück des alten Grabens blieb lange bestehen. Interessant ist: Die alte Grenze zwischen Hildesheim und Moritzberg verlief am Ufer von Blänkebach und Kupferstrang (so werden Blänke und Trillke nach ihrer Vereinigung genannt). Deshalb erkennt man auf dem „Urkataster“ den Verlauf des alten Flußbetts noch genau: Der Bach hat zwar schon ein neues Bett, aber die breite Grenzlinie zeigt noch das alte.
Auf dem „Krähla“ zeigt die Karte immerhin schon eine Gruppe von vier Bauten: Das ist die alte Krehla-Obstweinschänke, eine alte Gartenwirtschaft. Der Weg der späteren Moritzstraße macht vor den Häusern einen Bogen um den „Krehlateich“. Er wurde nach dem zweiten Weltkrieg zugeschüttet. Auf der anderen Seite von Moritzberg im Berghölzchen ist nördlich des Restaurants ein Gebäude eingezeichnet, das es nicht mehr gibt: das sogenannte „alte Haus“ am Bergholz.
An der „Oberen Bergstraße“ und im unteren Teil der „Mittleren Bergstraße“ sind ebenso wie an der „Unteren Bergstraße“ die typischen Grundstückszuschnitte von Moritzberg zu erkennen: schmale lange „Handtücher“, auf denen vorn das Wohnhaus stand, hinter dem Hof oft ein Hinterhaus – mit Handwerksbetrieb – folgte und dann ein Gemüsegarten. In diesen Dimensionen hatte Moritzberg viele hundert Jahre verharrt, ehe der Zuzug von Fabrikarbeitern das enorme Wachstum des Ortes bewirkte.
Am Sonntag, 6.11., wird Sabine Brand, Moritzberg Verlag, eine Führung über den Moritzberg mit dem „Urkataster“ machen. Alte Orte, die auf dieser Karte zu sehen sind, werden aufgesucht und die Veränderungen seit damals erklärt. Treffpunkt ist um 14 Uhr vor der Berg-Apotheke.
Für Vielfalt am straßenrand