Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 239 · Juni / Juli 2013
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Moritzberg Verlag
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Bäckerei Krone

Ein ruhiges naturnahes Wohnquartier

(sbr) Die Siedlung am Blänkebach – Anfang der 1980er Jahre erbaut – ist ein gepflegtes Wohngebiet mit Eigentumswohnungen im Mehrfamilienhaus, mit schön bepflanzten Loggien und mit großen Laubbäumen und Büschen zwischen den Wohnblocks. Hier passt die Bezeichnung „Wohnpark“, viele ältere Bewohner mit Freude an der Natur prägen das Bild, Hektik scheint ausgeklammert.
BlänkebachDie Wohnsiedlung Am Blänkebach mit ihren verkleideten Schornsteinen ist ein beliebtes Sommerquartier für Fledermäuse
Foto: sbr
Um die Ecke liegen beliebte Naherholungslandschaften: der Blänkebach, der Königsteich und das Berghölzchen – ein beliebtes Wohngebiet, nicht nur für Menschen, sondern auch für Vögel und für die flatternden Nachtschwärmer, die Fledermäuse. Sie haben dort ideale Stadtquartiere gefunden, von wo sie in der Dunkelheit auf Jagd gehen können an den benachbarten Wasserflächen und in den nahen Wäldern. Mit Vorliebe verspeisen Fledermäuse Insekten, Spinnen und Käfer.

Karsten Passior, der Fledermaus-Regionalbetreuer für den Hildesheimer Raum, wurde auf die Quartiere am Blänkebach aufmerksam, als er in den letzten Jahren wiederholt im Juni dorthin gerufen wurde. Über seine Einsätze führt Passior Buch. An einem 15. Juni hatten sich Fledermäuse dreimal durch offene Wohnzimmerfenster verirrt. Drei Tage später flüchtete ein junges Tier sich in ein Schlafzimmer. Zehn Tage später rettete Passior eins von einem der überdachten Balkone.

Neugierig bezog er Stellung mit dem Fledermausdetektor, einem handlichen Ultraschallempfänger, und stellte fest, dass an manchen Abenden über 100 Fledermäuse unterwegs waren, junge und alte. Einige der Schornsteine auf den Wohnhäusern wurden offenbar als Fledermaus-Wochenstuben genutzt.
Ende Mai, Anfang Juni suchen Fledermäuse solche Sommerquartiere auf. Dicht zusammengedrängt gegen kühle Frühjahrstemperaturen bekommen die Weibchen dort in der Regel jede ein Junges und säugen sie acht Wochen lang. Danach lernen die Jungen, auf Jagd zu gehen und Insekten am Boden und in den Bäumen im Flug zu erhaschen. Die Wochenstuben werden aufgelöst und Junge wie Alte ziehen umher. Im Spätsommer ist die Paarungszeit, im Oktober werden die Winterquartiere bezogen. Fledermäuse werden bis über 30 Jahre alt und kommen gern immer wieder an dieselben Orte zurück.

Fledermaus
Foto: Landeshauptstadt Saarbrücken
Im Dunkeln erkennt man die Nachtschwärmer – im Unterschied zu Vögeln – gut an ihrem flatterhaften Flug in immer wiederkehrenden Flugbahnen. Am Blänkebach scheinen sie besonders die Schornsteine zu schätzen. Deren Verkleidung ist mit Latten auf den Betonwänden befestigt. Zwischen Beton und Holzverkleidung ist der Spalt groß genug, um dort – kopfüber hängend – die Jungen zur Welt zu bringen und groß zu ziehen.

Karsten Kusior hat Zwergfledermäuse, Abendsegler, Bartfledermäuse und über dem Königsteich Wasserfledermäuse entdeckt. Sein Detektor empfängt nicht den Flügelschlag, sondern die hohen Rufe der Fledermäuse, die das menschliche Ohr nicht wahrnehmen kann. „Es ist wirklich etwas Besonderes, wie passend die Lebensbedingungen am Blänkebach für Fledermäuse sind“, sagt Kusior. Seit 1936 sind Fledermäuse geschützt. Weil sie unauffällig leben, wurde lange nicht bemerkt, dass sie seltener wurden. An Häusern lieben Fledermäuse „Hangplätze“, Hohlräume und Spalten, in denen sie in ihrer Lieblingsposition ungestört hängen können.

„In den kommenden Wochen ist wieder das Geburtsfest der Fledermäuse“, kündigt Kusior an. „Es kann vorkommen, dass sich ein Tier in ein geöffnetes Fenster oder auf die überdachten Balkone verirrt. Das Fenster am Abend weit öffnen und Licht anmachen – meist hilft das, den Nachtschwärmern den Weg nach draußen zu zeigen.“ Wenn nicht oder wenn ein Tier verletzt ist, bittet der Fledermausexperte in Nordstemmen um Anruf: Tel. 0 50 69 / 8 06 09 99.
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