Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 191 · Januar 2009
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Natursteinmauer verschandelt

(sbr) „Vorstadt mit Hang zu Romantik und Natur“ – auf dieses Urteil der Planer für den Flächennutzungsplans 2020 sind die Moritzberger stolz, ebenso auf ihre Geschichte, auf die denkmalgeschützten und die erhaltenswerten Gebäude und Mauern im Stadtteil. Sie machen die „romantische“ Atmosphäre aus – das Flair von Süddeutschem in Norddeutschland. Von den vielen Privateigentümern werden sie meist liebevoll und sorgfältig gepflegt.

Foto: Sabine Brand

Anders sieht es mit Mauern und Gebäuden aus, die nicht in Privathand sieht und auch nicht durch denkmalpflegerische Auflagen geschützt werden. Unwissenheit, mangelnder Ortsbezug, falsche Gewichtungen und Sparzwänge führen immer häufiger zu sogenannten Modernisierungen, die den Gesamteindruck des alten Baubestandes empfindlich schädigen. Viele kleine “Reparaturen” und “Bereinigungen” summieren sich zu einem Verlust an Stil, an Atmosphäre.

Jüngstes Beispiel – und ein besonders schmerzlicher Anblick, vielen Spaziergängern durch ein Dickicht von Sträuchern noch verborgen – ist die Toreinfahrt in der südlichen Umfassungsmauer des alten Propsteihofes. Das alte Holztor, hinfällig und morsch, wurde entsorgt. An seiner Stelle prangt nun eine Mauerwerkimitation: heller Putz mit aufgesetzten „Krampfaderfugen“, darin ein Gartenhaustürchen.

Foto: Sabine Brand
Fotos(2): Sabine Brand

“Wenn dies ein echter Türsturz wäre, läge er längst am Boden”, stöhnt ein Fachmann angesichts der Imitation. Die Sandsteinmauer des alten Hofes wirkt durch den Einbau schäbig, wie ein Flickenteppich.

Der Propsteihof hat eine sehr alte Geschichte: Etwa 500 Jahre lang war er das größte und reichste Anwesen am Moritzberg, der Wohn- und Wirtschaftshof des Vorstehers des Moritzstiftes. Zu ihm gehörten die Ländereien des heutigen Godehardikamps. Ende des 16. Jahrhunderts wurde er Eigentum des Bischöfliches Stuhls und diente zur Erwirtschaftung des Lebensunterhalts der Jesuiten an der Domschule, dem heutigen Josephinum. Ab Ende des 18. Jahrhunderts wurde er zur Bewirtschaftung verpachtet. Karl Eggers war der letzte Pächter bis Anfang der 1960er Jahre. Die Bebauung des Godehardikamps entzog dem Hof die Existenzgrundlage. Heute sind auf dem Propsteihof verschiedene Einrichtungen der Caritas angesiedelt.

„Gute Absicht – dumm gelaufen“, kommentiert ein Fachmann die jüngste „Modernisierung“ der altehrwürdigen Mauer des Propsteihofes. Ob der Caritas-­Verband Verständnis für die Anliegen der geschichtsbewussten Moritzberger aufbringt? Das alte Holztor ist nicht zu retten – seit Monaten rottet es im Container am Berghölzchen vor sich hin. Aber in der unmittelbaren Nachbarschaft der ins Weltkulturerbe einbezogenen Mauritiuskirche sollte sich doch eine bessere Lösung finden lassen als die Imitation – der kirchliche Denkmalschutz wüsste sicher guten Rat dazu.

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