Stadtteilzeitung Hildesheim West
Nr. 171 · März 2007

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Neujahrsempfang auf symbolträchtiger Stätte

Brücke zwischen Tradition und Neuentwicklung

Der Ort ist symbolträchtig genug: Auf der elegant geschwungenen Wendeltreppe im denkmalgeschützten Verwaltungsgebäude der Phoenix-­Werke hat sich eine illustre Gesellschaft aus Vertretern der Moritzberger Vereine, der Geschäftswelt sowie der Politik versammelt. Im Foyer drängt eine Traube von Moritzbergern hinzu. Sozusagen im Eingangsbereich des Hauptgebäudes, in dem in der Vergangenheit weitreichende Entscheidungen getroffen worden sind. Eine Etage höher, im stilvoll vertäfelten Sitzungssaal des Industriekomplexes, sind seit mehr als 120 Jahren durch Unternehmensentscheidungen die Geschicke und die Entwicklung des Stadtteils geprägt und bestimmt worden. An diesem Tag gehört auch dieser Raum der Öffentlichkeit. Wie ein sichtbares Zeichen des Wandels. Ein bisschen Museumsflair im Stil der 50er Jahre. Doch die Zeitgeschichte wird an diesem Ort und an diesem Tag wieder lebendig - mit einem Unterschied: Die Entscheidungen werden nicht mehr hinter verschlossen Türen getroffen, auch wenn sie so noch immer vorbereitet werden mögen.

Neujahrsempfang in Moritzberg. Und das mitten auf dem Gelände, das vielleicht in den nächsten Jahren dazu beitragen wird, die vor sich hin dämmernde Entwicklung mit neuen Impulsen zu bestücken: Wohnbaugebiet, Kulturstätte, neu angesiedeltes Gewerbe und ein neuer Einkaufsmarkt inklusive neuer Verkehrsführung. Ein Millionenprojekt in den Startlöchern. Verständlich also die Neugier der Gäste, Neues an dem historischen Ort zu erfahren. Eingeladen hatten in diesem Jahr diejenigen, die entscheidend die Veränderungen begleiten werden: die Parteien.

Sechs an der Zahl: SPD, CDU, Bündnis90/Grüne, FDP, BAH, Bündnis! – doch kein Wahlkampfgezänke prägte die Veranstaltung. Gemeinsam hatten die Sechs eingeladen, um zu demonstrieren, dass sie konsensfähig und konstruktiv denken. Kein Problem also, dass einer aus der Parteienrunde, Henning Blum (SPD), als Vertreter der Gastgeber für alle die Moderation übernahm. Gemeinsam mit Ursula Oelschläger (Bündnis90/Grüne), Matthias König (CDU) und Edgar Fritsch (SPD) hatte Blum die Hauptarbeit für die Veranstaltung auf sich genommen.

Mit Oberbürgermeister Kurt Machens und Stadtbaurat Thomas Kulenkampff waren diejenigen gekommen, die etwas zur Entwicklung des Stadtteils zu sagen hatten. Ein weiteres Herzstück des Neujahrsempfangs war die Verleihung des „Moritz” an einen Stadtteilbürger, der sich besonders stark ehrenamtlich hervorgetan hatte. Übernommen hat diesen Part wieder die Sommerwerkstatt Moritzberg. Und als Drittes hat die Veranstaltung geprägt, dass nach dem offiziellen Teil der Small Talk die Regie übernahm, das Gespräch und das Kennenlernen - kulinarisch appetitlich gefördert durch das gemeinsam gestaltete Büffet der beiden Neulinge auf dem Moritzberg, dem spanischen Delikatessengeschäft El Mercado und dem Gemüsespezialisten Kohl & Co. Musik gab es auch: Zu Dritt trat das Liebesgrund-­Quartett mit Markus Neumann, Bernhard Twickler und Stefan Könnecke auf.

Was aus dem Phoenix-­Areal werden soll, das hat sich im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs herauskristallisiert: 66.000 Quadratmeter Entwicklungsfläche sozusagen fast mittendrin im Ortsteil. Denkbar ist, dass sich auf diese Weise ein neues Kerngebiet für Moritzberg entwickelt. Das sei durchaus im Sinne neuerer Konzepte der Stadtplaner, erläuterte Thomas Kulenkampff. Die Planung neuer Wohngebiete sei mittlerweile geprägt durch Mischkonzepte: Wohnen und wohnverträgliches Gewerbe, sprich Dienstleister. Im Zentrum des Geländes sei auch die Ansiedlung eines so genannten Nahversorgers aktuell im Gespräch, also eines Anbieters aus der Reihe der Supermarktketten. Kulenkampff holte in seiner Rede weit aus, listete die 123-­jährige Geschichte der Industrialisierung bis in die Neuzeit auf. Dann schließlich versicherte er, dass die dabei über die Jahrzehnte angesammelten Probleme an Umweltschädigung zügig angepackt würden. „Hobbygärtner sollen am Ende keine Bedenken haben, eigenes Gemüse anzubauen”, sagte der Stadtbaurat.

Auch Oberbürgermeister Kurt Machens signalisierte das Prinzip „offene Tür”. Die Stadt habe ein großes Interesse daran, dass die Entwicklung eines Stadtteils in dieser Größenordnung auch im Einvernehmen mit der Bürgerschaft geschehe. Dass er sich dabei auch verwandtschaftlich in der Pflicht sehe, machte Machens schließlich durch den Hinweis auf seine entsprechende Verwurzelung im Moritzberg deutlich.

Eine Brücke zwischen dem traditionellen Moritzberg und der Neuentwicklung zeigte auch der zweite Teil des Neujahrsempfangs auf. Seit einem Jahr wird im Stadtteil der „Moritz” an einen Bewohner verliehen, der oder die sich besonders um den Moritzberg verdient gemacht hat. Erstmals hatte ihn Sabine Brand 2006 erhalten, Henning Blum bezeichnete sie in seinem Grußwort liebevoll als „Präsidentin des Moritzberges”. Der „Moritz” ist ein Produkt aus der Ideenschmiede der Sommerwerkstatt Moritzberg, einer Gruppe von Anwohnern, die ihren künstlerischeren Neigungen Zeit und Raum verschaffen - unter anderem dadurch, dass sie jedem neuen Ausrichter eines Neujahrsempfangs anbieten, einen neuen „Moritz” zur Verfügung zu stellen, den diese nach ihrem Gutdünken verleihen können, erläuterte Norbert Mierzowsky gewissermaßen die Gebrauchsanleitung für den „Moritz”. Gestaltet hat ihn als Künstlerin Ele Borchers, die auf anschauliche Weise erläuterte, wie beweglich, flexibel, aber auch tragend diese Rolle sei, die Menschen einnehmen, die selbstlos eine Aufgabe für ihre Mitbürger wahrnehmen. Wer aber nun den „Moritz 2007” erhalten sollte, das ließ Rolf Wasmer als Vorsitzender der Gewerbetreibenden am Ende als Katze aus dem Sack. In seiner Laudatio würdigte er den Moritzberger Ortsbrandmeister Klaus Heer als denjenigen, der 2007 ausgezeichnet wurde. Durch sein allgemeines Engagement für zahlreiche Aktivitäten und den Einsatz für eine funktionstüchtige ehrenamtliche Feuerwehr stehe er dafür, zwischen Tradition und moderner Entwicklung eines Stadtteils auf die Dinge zu achten, die für eine Gemeinschaft wichtig sind.

Foto: Norbert Niederbremer
Die Künstlerin und der Feuerwehr-­Chef: Ele Borchers hat die Moritz-­Metall-­Skulptur gestaltet, die Klaus Heer beim Neujahrsempfang für seine Verdienste erhalten hat.

Sichtlich gerührt dankte Klaus Heer nach der Ehrung auf seine ihm eigene Weise: Er warb sofort für die Teilnahme am Feuerwehrdienst und zählte die Zeiten auf, an denen sich Jugendliche und andere Interessierte daran beteiligen können. Pragmatisch eben. Kein Platz für „Schön-­Kram” und seichtes Gerede. Dass er sich trotzdem sehr über die künstlerische Ehre freute, machte er hinterher deutlich. Als der offizielle Teil vorbei war, nahm er Ele Borchers herzlich in den Arm.

Weitere offizielle Danksagungen gab es auch: Natürlich wurde der Hanseatic-­Gruppe für ihre Gastfreundlichkeit gedankt, als Ansprechpartner hielt Projektmanager Andreas Gunkel die Fahne der Holding hoch. Dank konnte auch Harm Sundermeyer annehmen, der gewissermaßen als Verwalter der Vergangenheit auf dem Gelände präsent war, als Abwickler der technischen Dinge für die Vorbesitzer, die Conti-­Werke. Er hatte auch dafür gesorgt hat, dass der Abschied vom Phoenix-­Gelände durch ein Hochschulprojekt fotografisch dokumentiert werden konnte. Die Foto-­Ausstellung „Phoenix in der Asche” läuft noch bis Ende März im Café Lokal Redaktion und in der Dingworthstraße. Dank erntete schließlich auch Elisabeth Conrady, die als Moritzbergerin auch Politik für ihren Stadtteil gemacht hat, betonte in seiner Rede Thomas Kulenkampff. Und damit liegt gewissermaßen der Spielball für den nächsten Neujahrsempfang wieder auf dem Anstoßpunkt. Anfragen hierzu sind am besten im Café Lokal Redaktion bei Sabine Brand anzumelden. Einen „Moritz” zum Verleihen wird es auch in 2008 wieder geben.

Norbert Niederbremer
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